Die römische Stadtmauer von Köln ist 3911,8 Meter lang und umschließt das 96,8 Hektar große antike Kerngebiet der Colonia Claudia Ara Agrippinensium, kurz: der CCAA. Wie der über tausend Jahre später errichtete mittelalterliche Festungsring diente sie nicht nur dem Schutz, sondern auch dem Schmuck der Stadt.
Das mächtige, von Weitem sichtbare Bauwerk wurde daher höchsten repräsentativen Anforderungen gerecht. Otto Doppelfeld, ehemaliger Direktor des Römisch-Germanischen Museums, hat die römische Stadtmauer zutreffend „Denkmal Nr. 1“ genannt. Es handelt sich um eines der bedeutendsten Bodendenkmäler nicht nur des Landes Nordrhein-Westfalen, sondern ganz Deutschlands. Die römische Stadtmauer der Colonia hat sich wie kein zweites antikes Bauwerk im modernen Stadtbild erhalten, da sie bis zum 12. Jahrhundert in Funktion war.
Fast 700 Meter der Stadtmauer sind heute noch obertägig im öffentlichen und privaten Raum erhalten oder in unterirdischen Abschnitten zugänglich. Davon sind etwa 400 Meter in städtischem Besitz.
Darüber hinaus sind bedeutende Abschnitte der römischen Stadtmauer in Kellern und Tiefgaragen in Privatbesitz nicht allgemein zugänglich oder unterirdisch als archäologische Bodendenkmale erhalten. Der Stadtmauer liegt ein einheitlicher Bauentwurf zugrunde, der Vorbildern in Oberitalien folgt. Ihr Mauerwerk ist von hoher Qualität. Über einem 3 Meter mächtigen und bis zu 4,5 Meter tiefen Fundamentsockel erhob sich die über 8 Meter hohe Wehrmauer. Sie ist 2,4 Meter stark, mit qualitätvollen, von Hand zugeschlagenen Grauwackequadern verblendet und im Kern aus Gussmauerwerk (opus caementicium) aufgebaut.
Auf den Feldseiten war die Stadtmauer mit 19 mächtigen Rundtürmen bewehrt. Mindestens elf Tore öffneten sich über die wichtigsten Verkehrsachsen zum Hafen und zum Umland. Im Norden, Westen und Süden waren sie zu eindrucksvollen Torburgen ausgebaut. Bis heute vermittelt der aus mächtigen Steinquadern gesetzte Bogen des großen Nordtores im Obergeschoss des Römisch-Germanischen Museums einen Eindruck von der Größe dieser architektonisch reich gegliederten Bauten, die rund 30 Meter breit und fast 25 Meter hoch waren.
Archäologische Ausgrabungen ergaben, dass die römische Stadtmauer am Ende des 1. Jahrhunderts erbaut worden ist. Anlass zu ihrer Errichtung war vermutlich die Erhebung der CCAA zur Hauptstadt der neu gegründeten Provinz Niedergermanien unter Kaiser Domitian (81–96 n. Chr.).
Bis in das 12. Jahrhundert blieb die römische Stadtmauer in Funktion, indem ihre Türme als Wachtürme dienten. Innerhalb der erweiterten mittelalterlichen Umwehrung von 1106, die im Norden, Westen und Süden die neuen Vororte Oversburg (Airsbach) und Niederich sowie einen Bereich um St. Aposteln umschloss, bildete die Römermauer immer noch den festen Kern. Gleichwohl verloren die meisten Tore ihre ursprüngliche Bedeutung als Außentore. Seit dem Hochmittelalter gelangten viele Türme der Römermauer in den wechselnden Besitz städtischer Familien, auswärtiger Adelsgeschlechter oder geistlicher Institutionen. Man nutzte die einstigen Festungsbauwerke auf unterschiedliche Art und Weise, als Wehr- und Wohnsitz, Bibliothek, Gartenhaus, Windmühle, Warenlager und selbst als Latrine. Eine bauliche Nutzung trug in der Regel zur Bewahrung des antiken Bestandes bei. So blieb die Stadtmauer an der Zeughausstraße/Burgmauer bis heute oberirdisch erhalten, da sie von 1441 bis 1837 konstruktiver Bestandteil des reichsstädtischen Kornhauses gewesen ist.
Der nordwestliche Eckturm des Stadtmauerrings ist zusammen mit den anbindenden Mauerabschnitten (Kurtinen) in einem zusammengehörigen Bauvorgang errichtet worden. Das originale Sichtmauerwerk des Römerturms reicht bis zu 5,75 Meter über das heutige Geländeniveau. Der abgeschrägte Mauerfuß liegt knapp unter dem Bürgersteig. Die Musterungen aus verschieden farbigen Natursteinen sind in mehrere horizontale Schmuckbänder unterteilt. Im unteren Bereich erscheint ein Fischgrätenmotiv, darüber folgen unterschiedlich gestaltete Mosaikregister unter anderen mit Halbrosetten sowie dreieckigen Feldern und Rauten aus Netzmauerwerk (opus reticulatum). Im oberen Bereich sind Kreisornamente und selbst stilisierte viersäulige Tempelfronten wiedergegeben. Im 17. Jahrhundert war das Mauerwerk unmittelbar über den Kreisornamenten ausgebrochen. In dieser Höhe endet der antike Baubestand.
Für die Musterrapporte sind verschieden farbige Natursteine verwendet worden: bräunliche, gräuliche und grünliche Grauwacke aus dem Umfeld des Ahrtals, weißer Kalkstein von der oberen Mosel bei Norroy, Trachyt vom Drachenfels, Andesit, roter, gelber und grüner Sandstein, hellbräunlicher Tuffstein aus dem Umfeld des Laacher Seevulkans und an einer Stelle selbst importierter roter Porphyr sowie hellrote gebrannte Ziegel. Das ornamental gestaltete Mauerwerk spiegelt in seiner geordneten Form gewissermaßen die innere Ordnung der Koloniestadt wider. Heute ist die Turmoberfläche so stark verschmutzt, dass sich die ursprüngliche Wirkung der Steinmosaiken nur noch erahnen lässt.
AKTUELLER STAND
Die Stadtmauer des antiken Köln ist abschnittweise in einem beklagenswerten Zustand, der umfangreiche Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen erfordert. Witterung, Immission, Pflanzenbewuchs und Unrat setzen dem prominenten Bauwerk allerorten zu. Eine kontinuierliche Pflege ist auch nach Abschluss der Instandsetzung notwendig.
RUNDGANG ZUR RÖMISCHEN STADTMAUER IN KÖLN